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Frauen brauchen mehr Mut – lasst uns zum Mond fliegen

Frauen sind in der Start-up-Branche unterrepräsentiert. Ein Gespräch mit Gründerin Judith Helmer von crossgo.
marketing-BÖRSE | 20.08.2020
Frauen brauchen mehr Mut – lasst uns zum Mond fliegen © crossgo
 

Im Jahr 2018 gründeten Judith Helmer und ihr Ehemann Jörg Poersch die consult yourself Plattform crossgo mit Sitz in Weil der Stadt. Nach einem Industrial-Management-Studium, Stationen im Marketing und als Dozentin für Projektmanagement entschied sie sich 2014, zusammen mit ihrem Ehemann, mit w.OE KG ihr erstes Start-up zu gründen, aus dem später crossgo entstehen sollte. Der marketing-BÖRSE erzählt sie von ihrer Laufbahn als Gründerin und Mutter sowie woran es Frauen beim Gründen häufig fehlt.

Wie kam es dazu, dass du dich entschlossen hast zu gründen? Gab es einen entscheidenden Impuls?

Es war schon immer mein Traum, mein eigenes Unternehmen aufzubauen. Als dann meine erste Tochter geboren wurde und mir nach drei Monaten die beruflichen Herausforderungen fehlten, nutzte ich die Chance, etwas Eigenes aufzubauen.

Zu Beginn habe ich Existenzgründer beraten, Businesspläne geschrieben und Gründer bei ihren persönlichen Herausforderungen gecoacht. Das konnte ich gut mit dem Familienleben kombinieren, da es meist kürzere Termine waren. 2014 haben dann mein Mann und ich beschlossen, unsere Kräfte zu bündeln und gemeinsam etwas aufzubauen. Damals haben wir die w.OE KG gegründet und angefangen schrittweise zu testen, wie wir das klassische Consulting vor Ort beim Kunden hin zu einem digitalen Selfconsulting entwickeln können. Daraus entstand dann unsere consult yourself Plattform. 2018 haben wir dann in die crossgo GmbH umfirmiert, da wir Investoren mit an Bord genommen haben.   

Welche Idee steht hinter crossgo und was macht ihr genau?

Unsere Mission ist, Methoden und Techniken der Unternehmensentwicklung für jeden zugänglich und einfach anwendbar zu machen. Und das machen wir mit unserer webbasierten consult yourself Plattform. Mitarbeiter und Teams erhalten Zugang zu leicht verständlich aufbereiteten Methoden und Werkzeugen der Unternehmensentwicklung und den entsprechenden Anleitungen zur praktischen Umsetzung. Erfahrene crossgo-Experten unterstützen und überwachen die Anwendung im Unternehmen. So kann jeder Mitarbeiter kontinuierlich seinen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und zur Verbesserung des eigenen Arbeitsplatzes leisten.

Gründerinnen sind in der Start-up-Branche immer noch stark unterrepräsentiert. Wie erklärst du dir, dass es so wenige Frauen gibt, die sich entscheiden, ein Start-up zu gründen?

Ich glaube, es fehlt am Mut. Wir Frauen scheuen oft das Risiko und wägen lange ab. Wir wollen im Vorfeld alle Eventualitäten durchspielen und vergessen dann manchmal in die Umsetzung zu kommen. Bei einem Start-up ist man ständig mit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten konfrontiert, gerade wenn man ein Produkt hat, das es so am Markt noch nicht gibt. Das macht es einerseits spannend, aber man hat ständig die Unsicherheit im Nacken sitzen, wenig Liquidität, die Verantwortung für die Mitarbeiter und man muss schnell auf Änderungen reagieren und Entscheidungen treffen, ohne dass man viel Zeit hat abzuwägen. Das führt auch dazu, dass man falsche Entscheidungen trifft, die auch existenzielle Folgen haben können. Und ich glaube, wir Frauen haben Angst vor falschen Entscheidungen und dem Scheitern. Männer probieren eher aus und empfinden es nicht als schlimm, wenn sie mal daneben liegen. Ein Mann entscheidet, er fliegt zum Mond und setzt alles daran, es zu erreichen, egal welche Rückschläge er dabei erlebt. Eine Frau, oder ich zumindest, überlege was passiert, wenn die Rakete abstürzt, welche Maßnahmen müssen wir ergreifen und verbringe viel Zeit damit, die Risiken abzuwägen. Das ist zwar auch hilfreich, dass man auf mögliche Risiken vorbereitet ist, aber es defokussiert und hält uns dann ab, schnell ins Tun zu kommen.

Gibt es Dinge, die du in der Gründungsphase rückblickend anders machen würdest?

Klar, unzählige Dinge, aber hinterher ist man immer schlauer und es ist gut, alle Erfahrungen, positive wie negative, erlebt zu haben. Ganz nach dem Motto „Alles was einen nicht tötet, härtet ab“. Das Einzige, was ich rückblickend wirklich bereue, ist, dass ich nicht schon früher, mit beispielsweise 20 Jahren, den Mut hatte, mein eigenes Unternehmen zu gründen.

Was kannst du Frauen empfehlen, die mit der Idee spielen, ein Start-up zu gründen?

Mut, es auszuprobieren und keine Angst vor dem Scheitern zu haben. Fehler sollten dabei immer als Chance zum Lernen gesehen werden. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass man auf jeden Fall Fehler machen und falsche Entscheidungen treffen wird, aber dass das ein ungemeines Potenzial zur persönlichen Weiterentwicklung ist. Frauen sollten an sich glauben und auf ihre Stärken vertrauen und ihren eigenen Weg gehen. Vor allem sollten Frauen sich auf die positiven Seiten eines Start-ups fokussieren, auf die Freiheit und den Gestaltungsraum, den ein eigenes Unternehmen bietet. Aussagen „Das kann ja nie funktionieren“ ignorieren und sich nicht von anderen Meinungen beeinflussen lassen. Gerade wenn man aus einem Umfeld kommt, wo die meisten in einem Angestelltenverhältnis sind, sollte man sich nicht verunsichern lassen. Vor 20 Jahren hätte nämlich auch niemand geglaubt, dass wir ein Smartphone als Navigationsgerät oder zum Musik hören verwenden. Wenn man sich die positiven Aspekte immer vor Augen hält und seiner Vision konsequent folgt, dann übersteht man auch schwierige Zeiten.

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